You Come To Me

PENDLER – You Come To Me

 

ZurĂŒckhaltend pulsierend schmiegt sich eine Gitarrenminiatur heran, bahnt sich ihren Weg durch warme FeedbackflĂ€chen und zittrige Drones, ufert aus und zieht sich wieder zusammen. Flankiert wird sie dabei von dezenten Orgelharmonien und einer Stimme, die uns willkommen heißt und den 40-minĂŒtigen Reigen durch das Erstlingswerk von PENDLER eröffnet.

“You come to me …”

FĂŒr die Fertigstellung des ebenso lautenden Albums haben sich die Musikerinnen Sabine Marte, ihres Zeichens auch feministische Video- und PerformancekĂŒnstlerin (u.a. „SV DAMENKRAFT”), Markus Marte, Gitarrist, SĂ€nger und Scapewriter und Oliver Stotz („ground/lift”, „Le Charmant Rouge”) viel Zeit genommen.
 
Bedingt war dieser Umstand durch die grĂ¶ĂŸere rĂ€umliche Distanz, der die Band im Entstehungszeitraum von „you come to me” ausgesetzt war, was das arbeiten zwar nicht unbedingt erleichtert, bestimmt aber geprĂ€gt und sich letzten endes sogar als namensgebend fĂŒr dieses neue Mitglied der Wiener Karate Joe Familie entpuppt hat.

Doch „pendler” steht nicht nur fĂŒr das physische Überwinden von Wegstrecken, es geht um die musikalische Transformation vormals klassischen Instrumentariums und traditioneller Strukturen in den eigenen Mikrokosmos, geprĂ€gt von digitalen ver- und bearbeitungen des Ausgangsmaterials und der Herstellung von Ambivalenzen und UnschĂ€rfen, respektive auch den Umgang mit VersatzstĂŒcken (pop)kultureller Erbschaften. So wird beispielsweise im Song “Good Job”, dem der (N)evergreen „Proud Mary” zugrundeliegt, das pseudobefreiendes Aufbruchsmoment des Originals abgezogen und folglich derart zerbröselt, dass plötzlich der Aspekt von „Left a good job in the city” als Statement tiefer Verzweiflung und Desperation ins Zentrum rĂŒckt.

Doch derartige inhaltliche EntblĂ¶ĂŸungen und Verzerrungen sind nur der eine Teil im Schaffen von PENDLER. Nicht selten passieren solche ZersĂ€gungen unter humoristischer PrĂ€misse, auch wenn „es wohl eher der Humor eines Buster Keaton oder des Charlie Chaplin von “Monsieur Verdoux” als bloß die primĂ€r spielerische Freude an der Dekonstruktion der Gattung Song ist. Mit solchen Referenzen weist die Band auch schon auf die Wichtigkeit der visuellen Komponente in ihrem Schaffen hin.

Live wird die Leinwand zum erweiterten Handlungsort und zur Schnittstelle, an der sich die StĂŒcke mit synchronisierten Clips reiben, verschmelzen und gegenseitig tragen. So bleibt die Musik von PENDLER, bei aller NĂ€he zu Pop, in einer UnschĂ€rfe zwischen Song und Soundtrack, Lo-Fi Americana und psychedelectronic soundscapes, gezielt Gesagtem und bewußt Verschwiegenem. Und gerade dieses unberechenbare  “Zwischen den StĂŒhlen” ist es letztendlich, das dieses Kleinod weit ĂŒber den Moment, an dem der absurd quirlige Rausschmeisser “schrei-ben” den Vorhang zu zieht, hinaus glĂ€nzen lĂ€sst.

(Florian Obkircher)